Letztens ging ich eine Treppe hinunter. Zügig und doch vorsichtig. Mich überholte eine junge Frau, die sehr schnell und dynamisch von Stufe zu Stufe sprang. Mit schlechterem Sehen verändert sich der Bewegungsradius. Wenn ich scharf sehen könnte, würde ich dann noch so hüpfen?
Mein Körper trägt mich seit geraumer Zeit durchs Leben. Ich muss mich gar nicht erst fragen, ob ich ihm überwiegend eine gute Partnerin war und bin. Ich weiß, da ist Luft nach oben. Essgewohnheiten. Bewegung. Mein Körper hätte es öfter gerne anders. Er ist mir allerdings ohne Wenn und Aber bedingungslos anvertraut. Was ich in die Grütze reite, muss er zu kompensieren versuchen. Er macht einen ziemlich guten Job. Erkenne ich das an? Daran schließt sich die Überlegung: würde ich mich heiraten?
Vor ein oder zwei Jahren, es war ein heller Sommerabend und ich stellte es mir reizend vor, etwas Leichtes, Lustiges mit ein paar Chips anzuschauen, zeigte Arte „Die Hochzeit meines besten Freundes“. Der Film kam 1997 ins Kino, Julia Roberts und Cameron Diaz in den weiblichen Hauptrollen. Er hat einige Nominierungen eingefahren (z.B. Roberts: beste Darstellerin) und innerhalb von 10 Tagen 1 Million Kinobesucher*innen in Deutschland angelockt.
Ich saß da auf meiner Couch mit meinen Chips, die mir im Hals stecken blieben.
Eine grundhysterische 27jährige (Roberts) bildet sich plötzlich ein, ihren Collegefreund noch immer zu lieben, nur, weil der ihr mitteilt, heiraten zu wollen. Die Auserwählte ist eine grundentspannte, herzensfreundliche 20jährige (Diaz), die nicht nur zur Hochzeit wild entschlossen ist, sondern auch dazu, auf weitere Ausbildung zu verzichten, und sich und ihr Leben komplett in den Dienst ihres Mannes zu stellen.
Natürlich fallen unentwegt Sätze wie du/sie/er machst/macht mich glücklich, begleitet von der Dauerpanik, den einzig Richtigen oder die einzig Richtige nicht zu bekommen. Mit entsprechend düsteren Aussichten für den weiteren Lebensverlauf, falls der erkorene Heilsbringer/die erkorene Heilsbringerin nicht durch das Eheversprechen festgezurrt werden kann.
Nein, ich werde mich heute nicht über ein Frauenbild aufregen, das schon vor hundert Jahren Virginia Woolf auf die Barrikaden trieb.
Ich bin nur etwas erschöpft von den pathologischen Beziehungsstrukturen, die uns die Populärkultur als Blaupause für unsere Lebensgestaltung anbietet.
Denn: Es ist ja nicht so, dass wir unbeschadet in Print oder gestreamt oder ausgestrahlt am gespielten Leben anderer teilhaben, die regelmäßig nicht in der Lage sind, miteinander ein vernünftiges Gespräch zu führen, sich wie Erwachsene zu betragen und Bedürfnisse und Gefühle in angemessener Weise zu artikulieren. Es verändert uns und unsere Wahrnehmung. Abgesehen von Importen wie Halloween oder Valentinstag, richten sich auch Erwartungen an Eheanbahnung und Hochzeit hierzulande an US-amerikanischen Fernsehvorlagen aus, inklusive der Übergabe der Braut durch ihren Vater.
Solange wir Blaupausen folgen, deren Imitation wir für das Nonplusultra im Leben halten, stehen die Fragen „mache ich das richtig / stimmt das so / gehöre ich dazu“ im Zentrum. Das bedeutet nicht weniger als eine ständige Bewertung meiner Selbst, die meist in der Beurteilung gipfelt, (noch) nicht genug.
Stets wollen wir woanders sein, als wir sind.
Tatsächlich bin ich noch keinem und keiner begegnet, der oder die nicht dachte, es gäbe einen gleichbleibenden Zielpunkt, der bei hinreichendem Bemühungen um Selbstverbesserung erreicht werden könne.
Ich bin ebenfalls lange der Illusion aufgesessen, irgendwann sei ich an einem Ort angelangt, wo dann alles endgültig passen würde. Ewiges Happy End sozusagen. Mittlerweile weiß ich, dass das nicht stimmt. Erstaunlicherweise hat mir niemand klar gesagt, dass ich nie da sein werde, wo ich mich hin wünsche. Vielleicht habe ich es aber auch einfach überhört.
Den Menschen, mit denen ich arbeite, sage ich jedenfalls sehr deutlich, dass das ein Irrtum ist.
Die einfache Wahrheit, dass Leben Veränderung ist und sein muss, bedeutet auch, das erhoffte Stillstehen am Zielpunkt wäre das Gegenteil: Starrheit und Tod. Der Tod muss nicht gleich ins Grab führen, er kann sich als inneres Absterben zeigen, als Taubheit dem Leben gegenüber. Mir sind schon viele 30-jährige begegnet, die vergreist wirkten.
Im Wechsel der Jahreszeiten und im Anhäufen von Jahresringen gibt es allerdings eine Konstante: ich lebe immer in meiner Haut. Wo ich auch hinkomme, da bin ich schon.
Unabdingbar bin ich meine eigene ewige Begleitung: würde ich mich selbst erwählen für gute und für schlechte Tage?
Seit ich mir die Frage stelle, ob ich mich selbst heiraten würde, übe ich, mich selbst mit im besten Fall liebenden Augen zu sehen. Ich mache mir also den Hof.
Dazu gehört, worum sich Brautleute und sonstige Verliebte bemühen: dem Lebensmenschen die Wünsche von den Augen abzulesen.
Ich bemühe mich um meine Wünsche. Das ist nicht so einfach. Ich bin mir selbst gegenüber viel öfter, als ich glaubte, nörgelig und wenig großzügig oder galant gestimmt.
Tatsächlich weiß ich viel über meine eigenen Wünsche und Neigungen und wie ich freundlich freudig auf sie schaue. Doch habe ich noch viel zu wenig freundlich freudig auf mich geschaut.
Kann ich herausfinden, unabhängig von Blaupausen, Konzepten, inneren Antreiberinnen, was mir entspricht, mir guttut, mich freut? Von Moment zu Moment?
Nein, es ist nicht egoistisch, solchen Fragen nachzuspüren. Jede*r lebt zuallererst mit ihrer und seiner Innenausstattung. Für die sind wir ganz ausschließlich selbst verantwortlich.
Wohin sollten wir denn wollen, wenn nicht zu uns selbst?
Mir vorzustellen, mich selbst zu umwerben, bringt eine ganz andere Dynamik ins Spiel.
Der Zen Lehrer John Tarrant schreibt in einem Artikel über Meditation mit Koans:
„Ein Koan ist eine kleine Heilungsgeschichte, eine Unterhaltung, ein Bild, der Bruchteil eines Lieds. Er ist etwas, das dir Gesellschaft leistet, was auch immer tust. Tatsächlich erklären Koans nichts. Stattdessen zeigen sie dir etwas, indem sie ein Tor öffnen. Du trittst durch, und los geht die Reise.“
So ein Koan, das bin ich. So ein Koan ist jeder Mensch. Voller Paradoxa und Widersprüche.
Es geht nicht um letztgültige Erklärungen.
Es geht darum, ein Tor zu öffnen; und das nächste; und das übernächste.
Es geht darum, sich auf die Reise einzulassen. In der besten denkbaren Gesellschaft. Der Gesellschaft deiner selbst.
“Der Ehrgeiz, den Zustand deines Geistes zu verbessern, ist Teil des Bewusstseins, das sich selbst fehlerhaft findet und im Schmerz lebt“,
schreibt Tarrant.
Das Thema ist, mit meiner Nörgeligkeit, Schrulligkeit, Eigenartigkeit:
Zu sein.
Punkt.
Die Reise dreht sich darum, das Leben lieben zu lernen. (Tarrant) Das einzige, das du im Moment hast. (Ich).
Ich kann das Leben nicht bedingungslos lieben, wenn ich mich selbst nicht heiraten will. Wenn ich mir selbst nicht den Hof mache, mir selbst nicht die Wünsche von den Augen ablese und mich nicht in meinen eigenen liebend-freundlichen Blick stelle.
Ja, mittlerweile spricht die halbe Welt davon, dass Menschen sich annehmen, im besten Fall lieben sollen.
Nur, wie komme ich da hin, ohne sofort wieder in die Falle des Nicht Genug zu stolpern, weil ich noch Schwierigkeiten habe mit genau diesem Diktum?
Da verweise ich gerne auf den alten Lessing, der sagte, der Mensch muss nicht müssen.
Und hole den noch älteren Blaise Pascal aus der Schublade, der fand, das ganze Unglück der Menschen rühre daher, dass sie nicht in der Lage seien, allein in einem Zimmer zu bleiben.
Da fängt es an. Allein im Zimmer. Oder im Wald. Oder im Auto. Oder am Schreibtisch.
Nur, wenn ich alleine in einem Zimmer etc. mit mir sein kann, ist es mir möglich, herauszufinden, wie ich im Rahmen dessen, was mir an Blaupausen vorgesetzt worden ist, urteile, denke, bewerte.
Wenn ich das begreife, kann ich ab und an aufhören, anders sein zu wollen.
Wenn ich mit mir alleine sein kann, in einem Zimmer oder sonst wo auf der Welt, UND schließlich dabei Zufriedenheit empfinde, erwarte ich nicht von anderen, mich glücklich zu machen und auch alles andere in meinem Leben zu richten.
Meine Einladung: frag dich, ob du dich selbst heiraten würdest. Mach dir selbst den Hof. Gründe einen Palast der Stille, in den du dich zurückziehst, um die Braut oder den Bräutigam besser kennen zu lernen.
Was der Koan (des Lebens) verlangt, ist seltsamer als sich ein Ziel zu setzen, und verlangt gleichzeitig weniger Anstrengung, es liegt außerhalb von leicht oder schwer, gestern oder morgen. (Tarrant).
Öfter lachen. Öfter weinen. Öfter alle fünfe gerade sein lassen. Immer wieder still sein. (Ich).
Dieser Text erschien zuerst als #Freitagsbriefe Essay am 19. Mai 2022. Wenn du mehr über die #Freitagsbriefe erfahren möchtest, lies hier weiter.
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Letztens ging ich eine Treppe hinunter. Zügig und doch vorsichtig. Mich überholte eine junge Frau, die sehr schnell und dynamisch von Stufe zu Stufe sprang. Mit schlechterem Sehen verändert sich der Bewegungsradius. Wenn ich scharf sehen könnte, würde ich dann noch so hüpfen?
Mein Körper trägt mich seit geraumer Zeit durchs Leben. Ich muss mich gar nicht erst fragen, ob ich ihm überwiegend eine gute Partnerin war und bin. Ich weiß, da ist Luft nach oben. Essgewohnheiten. Bewegung. Mein Körper hätte es öfter gerne anders. Er ist mir allerdings ohne Wenn und Aber bedingungslos anvertraut. Was ich in die Grütze reite, muss er zu kompensieren versuchen. Er macht einen ziemlich guten Job. Erkenne ich das an? Daran schließt sich die Überlegung: würde ich mich heiraten?
Vor ein oder zwei Jahren, es war ein heller Sommerabend und ich stellte es mir reizend vor, etwas Leichtes, Lustiges mit ein paar Chips anzuschauen, zeigte Arte „Die Hochzeit meines besten Freundes“. Der Film kam 1997 ins Kino, Julia Roberts und Cameron Diaz in den weiblichen Hauptrollen. Er hat einige Nominierungen eingefahren (z.B. Roberts: beste Darstellerin) und innerhalb von 10 Tagen 1 Million Kinobesucher*innen in Deutschland angelockt.
Ich saß da auf meiner Couch mit meinen Chips, die mir im Hals stecken blieben.
Eine grundhysterische 27jährige (Roberts) bildet sich plötzlich ein, ihren Collegefreund noch immer zu lieben, nur, weil der ihr mitteilt, heiraten zu wollen. Die Auserwählte ist eine grundentspannte, herzensfreundliche 20jährige (Diaz), die nicht nur zur Hochzeit wild entschlossen ist, sondern auch dazu, auf weitere Ausbildung zu verzichten, und sich und ihr Leben komplett in den Dienst ihres Mannes zu stellen.
Natürlich fallen unentwegt Sätze wie du/sie/er machst/macht mich glücklich, begleitet von der Dauerpanik, den einzig Richtigen oder die einzig Richtige nicht zu bekommen. Mit entsprechend düsteren Aussichten für den weiteren Lebensverlauf, falls der erkorene Heilsbringer/die erkorene Heilsbringerin nicht durch das Eheversprechen festgezurrt werden kann.
Nein, ich werde mich heute nicht über ein Frauenbild aufregen, das schon vor hundert Jahren Virginia Woolf auf die Barrikaden trieb.
Ich bin nur etwas erschöpft von den pathologischen Beziehungsstrukturen, die uns die Populärkultur als Blaupause für unsere Lebensgestaltung anbietet.
Denn: Es ist ja nicht so, dass wir unbeschadet in Print oder gestreamt oder ausgestrahlt am gespielten Leben anderer teilhaben, die regelmäßig nicht in der Lage sind, miteinander ein vernünftiges Gespräch zu führen, sich wie Erwachsene zu betragen und Bedürfnisse und Gefühle in angemessener Weise zu artikulieren. Es verändert uns und unsere Wahrnehmung. Abgesehen von Importen wie Halloween oder Valentinstag, richten sich auch Erwartungen an Eheanbahnung und Hochzeit hierzulande an US-amerikanischen Fernsehvorlagen aus, inklusive der Übergabe der Braut durch ihren Vater.
Solange wir Blaupausen folgen, deren Imitation wir für das Nonplusultra im Leben halten, stehen die Fragen „mache ich das richtig / stimmt das so / gehöre ich dazu“ im Zentrum. Das bedeutet nicht weniger als eine ständige Bewertung meiner Selbst, die meist in der Beurteilung gipfelt, (noch) nicht genug.
Stets wollen wir woanders sein, als wir sind.
Tatsächlich bin ich noch keinem und keiner begegnet, der oder die nicht dachte, es gäbe einen gleichbleibenden Zielpunkt, der bei hinreichendem Bemühungen um Selbstverbesserung erreicht werden könne.
Ich bin ebenfalls lange der Illusion aufgesessen, irgendwann sei ich an einem Ort angelangt, wo dann alles endgültig passen würde. Ewiges Happy End sozusagen. Mittlerweile weiß ich, dass das nicht stimmt. Erstaunlicherweise hat mir niemand klar gesagt, dass ich nie da sein werde, wo ich mich hin wünsche. Vielleicht habe ich es aber auch einfach überhört.
Den Menschen, mit denen ich arbeite, sage ich jedenfalls sehr deutlich, dass das ein Irrtum ist.
Die einfache Wahrheit, dass Leben Veränderung ist und sein muss, bedeutet auch, das erhoffte Stillstehen am Zielpunkt wäre das Gegenteil: Starrheit und Tod. Der Tod muss nicht gleich ins Grab führen, er kann sich als inneres Absterben zeigen, als Taubheit dem Leben gegenüber. Mir sind schon viele 30-jährige begegnet, die vergreist wirkten.
Im Wechsel der Jahreszeiten und im Anhäufen von Jahresringen gibt es allerdings eine Konstante: ich lebe immer in meiner Haut. Wo ich auch hinkomme, da bin ich schon.
Unabdingbar bin ich meine eigene ewige Begleitung: würde ich mich selbst erwählen für gute und für schlechte Tage?
Seit ich mir die Frage stelle, ob ich mich selbst heiraten würde, übe ich, mich selbst mit im besten Fall liebenden Augen zu sehen. Ich mache mir also den Hof.
Dazu gehört, worum sich Brautleute und sonstige Verliebte bemühen: dem Lebensmenschen die Wünsche von den Augen abzulesen.
Ich bemühe mich um meine Wünsche. Das ist nicht so einfach. Ich bin mir selbst gegenüber viel öfter, als ich glaubte, nörgelig und wenig großzügig oder galant gestimmt.
Tatsächlich weiß ich viel über meine eigenen Wünsche und Neigungen und wie ich freundlich freudig auf sie schaue. Doch habe ich noch viel zu wenig freundlich freudig auf mich geschaut.
Kann ich herausfinden, unabhängig von Blaupausen, Konzepten, inneren Antreiberinnen, was mir entspricht, mir guttut, mich freut? Von Moment zu Moment?
Nein, es ist nicht egoistisch, solchen Fragen nachzuspüren. Jede*r lebt zuallererst mit ihrer und seiner Innenausstattung. Für die sind wir ganz ausschließlich selbst verantwortlich.
Wohin sollten wir denn wollen, wenn nicht zu uns selbst?
Mir vorzustellen, mich selbst zu umwerben, bringt eine ganz andere Dynamik ins Spiel.
Der Zen Lehrer John Tarrant schreibt in einem Artikel über Meditation mit Koans:
„Ein Koan ist eine kleine Heilungsgeschichte, eine Unterhaltung, ein Bild, der Bruchteil eines Lieds. Er ist etwas, das dir Gesellschaft leistet, was auch immer tust. Tatsächlich erklären Koans nichts. Stattdessen zeigen sie dir etwas, indem sie ein Tor öffnen. Du trittst durch, und los geht die Reise.“
So ein Koan, das bin ich. So ein Koan ist jeder Mensch. Voller Paradoxa und Widersprüche.
Es geht nicht um letztgültige Erklärungen.
Es geht darum, ein Tor zu öffnen; und das nächste; und das übernächste.
Es geht darum, sich auf die Reise einzulassen. In der besten denkbaren Gesellschaft. Der Gesellschaft deiner selbst.
“Der Ehrgeiz, den Zustand deines Geistes zu verbessern, ist Teil des Bewusstseins, das sich selbst fehlerhaft findet und im Schmerz lebt“,
schreibt Tarrant.
Das Thema ist, mit meiner Nörgeligkeit, Schrulligkeit, Eigenartigkeit:
Zu sein.
Punkt.
Die Reise dreht sich darum, das Leben lieben zu lernen. (Tarrant) Das einzige, das du im Moment hast. (Ich).
Ich kann das Leben nicht bedingungslos lieben, wenn ich mich selbst nicht heiraten will. Wenn ich mir selbst nicht den Hof mache, mir selbst nicht die Wünsche von den Augen ablese und mich nicht in meinen eigenen liebend-freundlichen Blick stelle.
Ja, mittlerweile spricht die halbe Welt davon, dass Menschen sich annehmen, im besten Fall lieben sollen.
Nur, wie komme ich da hin, ohne sofort wieder in die Falle des Nicht Genug zu stolpern, weil ich noch Schwierigkeiten habe mit genau diesem Diktum?
Da verweise ich gerne auf den alten Lessing, der sagte, der Mensch muss nicht müssen.
Und hole den noch älteren Blaise Pascal aus der Schublade, der fand, das ganze Unglück der Menschen rühre daher, dass sie nicht in der Lage seien, allein in einem Zimmer zu bleiben.
Da fängt es an. Allein im Zimmer. Oder im Wald. Oder im Auto. Oder am Schreibtisch.
Nur, wenn ich alleine in einem Zimmer etc. mit mir sein kann, ist es mir möglich, herauszufinden, wie ich im Rahmen dessen, was mir an Blaupausen vorgesetzt worden ist, urteile, denke, bewerte.
Wenn ich das begreife, kann ich ab und an aufhören, anders sein zu wollen.
Wenn ich mit mir alleine sein kann, in einem Zimmer oder sonst wo auf der Welt, UND schließlich dabei Zufriedenheit empfinde, erwarte ich nicht von anderen, mich glücklich zu machen und auch alles andere in meinem Leben zu richten.
Meine Einladung: frag dich, ob du dich selbst heiraten würdest. Mach dir selbst den Hof. Gründe einen Palast der Stille, in den du dich zurückziehst, um die Braut oder den Bräutigam besser kennen zu lernen.
Was der Koan (des Lebens) verlangt, ist seltsamer als sich ein Ziel zu setzen, und verlangt gleichzeitig weniger Anstrengung, es liegt außerhalb von leicht oder schwer, gestern oder morgen. (Tarrant).
Öfter lachen. Öfter weinen. Öfter alle fünfe gerade sein lassen. Immer wieder still sein. (Ich).
Dieser Text erschien zuerst als #Freitagsbriefe Essay am 19. Mai 2022. Wenn du mehr über die #Freitagsbriefe erfahren möchtest, lies hier weiter.
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