Ich denke über den nächsten Freitagsbrief nach. Ich bin wieder mal spät dran. Ich habe drei mögliche Geschichten für den Einstieg. Dann wache ich auf und denke an China. Ein Bild huscht durch meinen Kopf: Soldaten der Volksbefreiungsarmee gehen über die Dorfstraße.
Ich habe noch nie beim Aufwachen an China oder Soldaten gedacht. Dabei habe ich gestern nicht einmal Nachrichten gehört.
Was soll ich nun schreiben? Soll ich überhaupt etwas schreiben?
Ich bin keine politische Kommentatorin und trotzdem hängt alles, was ich tue und denke, nicht nur mit mir und meiner nächsten Umgebung, sondern mit der ganzen Welt zusammen. Das jedenfalls ist meine Überzeugung. Ohne diese Überzeugung würde ich mir für 2022 nicht das Ziel gesetzt haben, 100.000 Menschen zur Freude anzustiften.
Don‘t be a Passive Force in this Era, steht im Betreff einer Nachricht, die in meinem elektronischen Postkasten landet. Als hätte Caroline Myss meine Fragen gehört.
Myss erzählt eine Geschichte aus der Bhagavad Gita. Krishna und Arjuna sprechen am Abend vor der großen Schlacht. Arjuna will nicht kämpfen. Für ihn sei das, sagt er, als würde der Stoff des Universums auseinandergerissen.
Vor einer Woche verließ ich mein Haus, um Wäsche aus dem Keller zu holen. 90 Sekunden später, mit der Wäsche unter dem Arm, konnte ich das Haus nicht mehr betreten. Der Schließmechanismus der Tür hatte sich verhakt.
Mein ganzes Leben war im Haus. Ich hatte nicht einmal feste Schuhe oder warme Kleidung an. Ein befreundeter Nachbar bohrte 3 Stunden lang am Schloss herum. Das half gar nichts. Ich hätte gleich ein Fenster eingeschlagen. Die Wartezeit war immerhin dafür gut, dass er bemerkte, die Fensterscheiben ließen sich herauslösen, ohne das Glas zu zerstören.
Ich kletterte durch das Küchenfenster ins Haus und blieb da bis zum Mittag des nächsten Tages. Dann war das Schließmechanismus ausgehebelt und die Tür ramponiert.
In der Nacht tobte der erste Sturm.
Ich lag wach und dachte über Verlust nach und fühlte mich wie eine Feder.
Ich und mein Körper in seiner Verletzlichkeit. In einem einzigen Moment ist plötzlich alles anders. Termine, Fristen, kreative Schübe, Arbeitseinheiten. Aufgefressen von der Nervosität, die sich angesichts der eigenen Hilflosigkeit breit macht. Kein Stift. Kein Telefon. Keine Bequemlichkeit.
Ich dachte an die Menschen, die nichts haben als das, was sie am Leib tragen, ganz egal, ob Kleidung und Schuhe zum Wetter passen.
Der Stoff meiner kleinen Welt wurde zerzaust. Nur für ein paar Stunden.
Was kann ich tun, angesichts des großen Zerreißens in der Welt?
Caroline Myss sagt, die größte Macht der Menschen sitze hinter den Augen. Es sei die Macht des Geistes. Diese Energie können wir auf Versöhnung und Frieden richten und auf ein anderes Weltmodell. Immer wieder können wir uns auf die Verbundenheit allen Lebens ausrichten. Darauf, dass wir gemeinsam atmen. Darauf, dass wir in unseren eigenen Bereichen die Möglichkeit der Wahl haben.
„Ich bin so überzeugt von der Kraft, die in jeder einzelnen Person liegt.“
Caroline Myss
Wo liegt meine Kraft? Mein Entscheidungsspielraum? Wo liegt deine Kraft? Dein Entscheidungsspielraum?
Ich gebe mir und meiner kleinen Welt einen Rahmen. Das ist mein Entscheidungsspielraum.
1. Ich möchte meine Welt freihalten von Hass.
2. Ich möchte mitfühlend sein gegenüber allen Wesen. Das schließt mich selbst ein.
3. Ich möchte wertschätzen, was mir begegnet. Nicht, weil ich zustimme und einverstanden bin, sondern weil es ein Ausdruck des Lebens auf diesem Planeten ist.
4. Ich möchte nicht polarisieren und verurteilen, was nicht bedeutet, dass ich mich nicht abgrenze oder keine klare Haltung zu Unrecht habe.
5. Ich möchte meinen Fokus auf das richten, was hilfreich und nährend ist.
6. Ich möchte mich selbst immer wieder in die Balance bringen, weil das der beste Ort für überlegte Handlungen ist.
7. Ich möchte Freude verbreiten, mit dem was ich tue und sage.
Natürlich bin ich nicht frei von dem, was in der großen Welt vor sich geht. Schon auf Gespräche über und (Bild) Berichte von Gewalt und Bedrohung reagiert das autonome Nervensystem durch Aktivierung des Überlebensmodus. Der besteht in Kämpfen, Fliehen oder in die Erstarrung gehen, gepaart mit einer Einschränkung klaren Denkens. Ich habe das gerade vorhin sehr deutlich gemerkt bei einem Gespräch mit meiner Online Sangha, in dem Hilflosigkeit, Wut und Verzweiflung geäußert wurden mit einer Tendenz, sich hineinzusteigern in Gefühle von Aussichtlosigkeit und Resignation. Mein Körper ging sofort in Stressresonanz. Ich musste viel atmen und mich auf das fokussieren, woran ich zutiefst glaube, um wieder einigermaßen in meine Balance zu kommen.
Seitdem ich mich erinnern kann, glaube ich an das Gute, Wahre und Schöne. Ich wuchs mit viel Härte und Gewalt auf. Trotzdem war das stets mein inneres Mantra. Vielleicht war es auch ein Gebet. Eine Reihe von Untersuchungen belegt den Einfluss von Mantren und Gebeten auf das autonome Nervensystem.
„Beten bedeutet zu sagen: Ich leide wirklich an X. Ich wünsche mir wirklich Y. Und ich suche die Unterstützung von Z.“
Loretta G. Breuning
Anerkennen, was schmerzhaft ist. Den Fokus auf das richten, was heilsam ist. Sich dorthin wenden, wo Hilfe ist. Und immer wieder von vorn. Und ja, sich an Wunder halten. So in etwa hat Krishna Arjuna am Abend vor der Schlacht geantwortet.
*Die Überschrift stammt aus dem Gedicht „Rezept“ von Mascha Kaléko.
Ich denke über den nächsten Freitagsbrief nach. Ich bin wieder mal spät dran. Ich habe drei mögliche Geschichten für den Einstieg. Dann wache ich auf und denke an China. Ein Bild huscht durch meinen Kopf: Soldaten der Volksbefreiungsarmee gehen über die Dorfstraße.
Ich habe noch nie beim Aufwachen an China oder Soldaten gedacht. Dabei habe ich gestern nicht einmal Nachrichten gehört.
Was soll ich nun schreiben? Soll ich überhaupt etwas schreiben?
Ich bin keine politische Kommentatorin und trotzdem hängt alles, was ich tue und denke, nicht nur mit mir und meiner nächsten Umgebung, sondern mit der ganzen Welt zusammen. Das jedenfalls ist meine Überzeugung. Ohne diese Überzeugung würde ich mir für 2022 nicht das Ziel gesetzt haben, 100.000 Menschen zur Freude anzustiften.
Don‘t be a Passive Force in this Era, steht im Betreff einer Nachricht, die in meinem elektronischen Postkasten landet. Als hätte Caroline Myss meine Fragen gehört.
Myss erzählt eine Geschichte aus der Bhagavad Gita. Krishna und Arjuna sprechen am Abend vor der großen Schlacht. Arjuna will nicht kämpfen. Für ihn sei das, sagt er, als würde der Stoff des Universums auseinandergerissen.
Vor einer Woche verließ ich mein Haus, um Wäsche aus dem Keller zu holen. 90 Sekunden später, mit der Wäsche unter dem Arm, konnte ich das Haus nicht mehr betreten. Der Schließmechanismus der Tür hatte sich verhakt.
Mein ganzes Leben war im Haus. Ich hatte nicht einmal feste Schuhe oder warme Kleidung an. Ein befreundeter Nachbar bohrte 3 Stunden lang am Schloss herum. Das half gar nichts. Ich hätte gleich ein Fenster eingeschlagen. Die Wartezeit war immerhin dafür gut, dass er bemerkte, die Fensterscheiben ließen sich herauslösen, ohne das Glas zu zerstören.
Ich kletterte durch das Küchenfenster ins Haus und blieb da bis zum Mittag des nächsten Tages. Dann war das Schließmechanismus ausgehebelt und die Tür ramponiert.
In der Nacht tobte der erste Sturm.
Ich lag wach und dachte über Verlust nach und fühlte mich wie eine Feder.
Ich und mein Körper in seiner Verletzlichkeit. In einem einzigen Moment ist plötzlich alles anders. Termine, Fristen, kreative Schübe, Arbeitseinheiten. Aufgefressen von der Nervosität, die sich angesichts der eigenen Hilflosigkeit breit macht. Kein Stift. Kein Telefon. Keine Bequemlichkeit.
Ich dachte an die Menschen, die nichts haben als das, was sie am Leib tragen, ganz egal, ob Kleidung und Schuhe zum Wetter passen.
Der Stoff meiner kleinen Welt wurde zerzaust. Nur für ein paar Stunden.
Was kann ich tun, angesichts des großen Zerreißens in der Welt?
Caroline Myss sagt, die größte Macht der Menschen sitze hinter den Augen. Es sei die Macht des Geistes. Diese Energie können wir auf Versöhnung und Frieden richten und auf ein anderes Weltmodell. Immer wieder können wir uns auf die Verbundenheit allen Lebens ausrichten. Darauf, dass wir gemeinsam atmen. Darauf, dass wir in unseren eigenen Bereichen die Möglichkeit der Wahl haben.
„Ich bin so überzeugt von der Kraft, die in jeder einzelnen Person liegt.“
Caroline Myss
Wo liegt meine Kraft? Mein Entscheidungsspielraum? Wo liegt deine Kraft? Dein Entscheidungsspielraum?
Ich gebe mir und meiner kleinen Welt einen Rahmen. Das ist mein Entscheidungsspielraum.
1. Ich möchte meine Welt freihalten von Hass.
2. Ich möchte mitfühlend sein gegenüber allen Wesen. Das schließt mich selbst ein.
3. Ich möchte wertschätzen, was mir begegnet. Nicht, weil ich zustimme und einverstanden bin, sondern weil es ein Ausdruck des Lebens auf diesem Planeten ist.
4. Ich möchte nicht polarisieren und verurteilen, was nicht bedeutet, dass ich mich nicht abgrenze oder keine klare Haltung zu Unrecht habe.
5. Ich möchte meinen Fokus auf das richten, was hilfreich und nährend ist.
6. Ich möchte mich selbst immer wieder in die Balance bringen, weil das der beste Ort für überlegte Handlungen ist.
7. Ich möchte Freude verbreiten, mit dem was ich tue und sage.
Natürlich bin ich nicht frei von dem, was in der großen Welt vor sich geht. Schon auf Gespräche über und (Bild) Berichte von Gewalt und Bedrohung reagiert das autonome Nervensystem durch Aktivierung des Überlebensmodus. Der besteht in Kämpfen, Fliehen oder in die Erstarrung gehen, gepaart mit einer Einschränkung klaren Denkens. Ich habe das gerade vorhin sehr deutlich gemerkt bei einem Gespräch mit meiner Online Sangha, in dem Hilflosigkeit, Wut und Verzweiflung geäußert wurden mit einer Tendenz, sich hineinzusteigern in Gefühle von Aussichtlosigkeit und Resignation. Mein Körper ging sofort in Stressresonanz. Ich musste viel atmen und mich auf das fokussieren, woran ich zutiefst glaube, um wieder einigermaßen in meine Balance zu kommen.
Seitdem ich mich erinnern kann, glaube ich an das Gute, Wahre und Schöne. Ich wuchs mit viel Härte und Gewalt auf. Trotzdem war das stets mein inneres Mantra. Vielleicht war es auch ein Gebet. Eine Reihe von Untersuchungen belegt den Einfluss von Mantren und Gebeten auf das autonome Nervensystem.
„Beten bedeutet zu sagen: Ich leide wirklich an X. Ich wünsche mir wirklich Y.
Und ich suche die Unterstützung von Z.“
Loretta G. Breuning
Anerkennen, was schmerzhaft ist. Den Fokus auf das richten, was heilsam ist. Sich dorthin wenden, wo Hilfe ist. Und immer wieder von vorn. Und ja, sich an Wunder halten. So in etwa hat Krishna Arjuna am Abend vor der Schlacht geantwortet.
*Die Überschrift stammt aus dem Gedicht „Rezept“ von Mascha Kaléko.
Herzliche Grüße
Eva Scheller