Anstiftung zur Freude #18

Eingespannt ins Leben?

Ich besuche eine Freundin und frühere Anwaltskollegin in Berlin, die gerade ihr Bücherregal neu sortiert hat. Dabei fanden sich ein paar Doppelexemplare. Eins davon drückt sie mir in die Hand mit dem Hinweis, Rosendorfer hätten zu ihrer Studienzeit alle gelesen.

Ich habe eine ganze Ecke vor der Freundin studiert und Rosendorfer nur am Rande kennengelernt. Jetzt lese ich an einem verregneten Sonntag in einem Rutsch „Ballmanns Leiden oder Lehrbuch für Konkursrecht“. Und finde den denkwürdigen Satz:

„Es ist schwer, ziellos zu gehen, dachte Ballmann.
Wer so lang wie ich in diese Maschine eingespannt war, die sie Leben heißen,
muß wahrscheinlich erst wieder nach und nach lernen,
ohne Ziel irgendwohin zu gehen.“

Ja, denke ich, ziellos ist eine Herausforderung. Tatsächlich fühle ich mich oft unter Druck, selbst wenn ich keine Termine habe.

Der Welt ein bisschen verloren zu gehen und für ein paar Atemzüge keine Pläne zu haben, ich meine wirklich GAR KEINE, braucht Übung.

Ich überlege, unter welchen Umständen ich ziellos überhaupt noch kann.

Ich glaube, am besten gelingt mir das im Garten. Da ist immer so viel zu tun, da gibt es kein greifbares Ziel. Im Garten bin ich mit Mäandern beschäftigt. Das dauert manchmal nur ein paar Augenblicke und ist trotzdem zutiefst entspannend. Hier ein Gräschen zupfen, dort ein bisschen Wasser hingießen. Manchmal einen Spindelrasenmäher über Wiesenwege führen. Und selbst darin liegt kein Ziel, weil ich mittendrin etwas anderes entdecke und mich unverhofft ganz woanders wieder finde. Jeweils sehr freudig.

Das ist meine Anstiftung für diese Woche: in welchen Situationen kannst du ziellos sein, wann fühlst du dich hat dich nicht eingespannt in „diese Maschine, die sie Leben heißen“?  Wie fühlt sich das an und wo liegt die Freude darin?

Schreib mir, was du gefunden hast. hallo@eva-scheller.de.

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